Sooo...heute lernt ihr jemand ganz Besonderen kennen.
Let me introduce....Ria und Mara Kröger! Meine liebsten und ältesten original characters, die meine Cousinen schon seit sie ganz klein waren, in vielen kleinen gedruckten Heftchen begleitet haben, und über die ich, sollte ich je einen richtigen schreiben, mal einen Bestseller rausbringen werde... 
Jedenfalls, dies ist ihr bislang einziger Oster-Auftritt, und wenn ihr sie mögt, werdet ihr vielleicht auch eine der ca 10 Weihnachtsgeschichten mit ihnen zu sehen bekommen...
(Oh, und im Gegensatz zu all den Fanfics: Diese Personen sind MEIN, juhu!)

Ostertage
Eine Ria und Mara- Geschichte
von
Melanie Theis
Aschermittwoch
„Schau mal, es schneit!“ Mara deutete aus dem Fenster hinaus. „Red keinen Unsinn!“ murmelte ihre Schwester Ria, die soeben unsanft vom Rufen der Jüngeren aufgeweckt worden war. „Erstens, wir haben März und nicht Dezember, und zweitens: Ich sehe doch von hier aus, dass die Sonne scheint!“ „Tut sie auch, aber schneien tut es trotzdem.“ protestierte Mara. „Weißt du, ich frage mich, ob es wohl Schneebögen gibt?“ „Was für Dinger?“ fragte Ria und stand schließlich doch auf, um nachzusehen. Tatsächlich, es schneite, und dennoch schien die Sonne ein bisschen zwischen den Wolken hindurch. „Na, Schneebögen. Wenn es regnet und gleichzeitig die Sonne scheint, dann gibt es Regenbögen. Also müsste es doch bei Schnee und Sonne auch einen Schneebogen geben.“ „Hab ich noch nie was davon gehört.“ murmelte Ria. „Ich gehe und frage Mama!“ rief Mara und rannte aus dem Zimmer ihrer Schwester hinaus und nach unten.
Ria nutzte den Moment der Ruhe, um sich in ihrem Zimmer umzusehen. Die Dekoration von Fastnacht lag immer noch überall herum, aber heute würde sie sie wegpacken müssen. Die Fastnacht war vorbei und jetzt kam die Fastenzeit.
Mara beschwerte sich in jedem Jahr darüber, weil sie dann keine Süßigkeiten essen durfte, aber Ria selbst war immer wieder froh, wenn die Fastenzeit anfing. Immerhin bedeutete das, dass es nur noch vierzig Tage bis Ostern waren!
Als Ria nach unten in die Küche kam, war das Frühstück bereits auf dem Tisch, und Mara beschwerte sich mal wieder lautstark, dass die Fastenzeit fast doppelt so lang wie der Advent war, und das sei unfair. Mama sagte wie jedes Jahr, dass der Sinn der Fastenzeit doch wäre, dass man mal nachdenkt und sich vorbereitet auf Ostern. Dann kam Maras Lieblingsbeschwerde, nämlich die, dass sie Süßes essen wollte, und Mama holte wie immer die beiden Gläser mit Schraubverschluss vom Schrank. Das mit dem blauen Deckel gehörte Ria und das mit dem grünen Deckel Mara. Jedes Mal wenn eine von ihnen sich etwas zum Naschen nehmen wollte, dann warf sie es in das Glas, anstatt es aufzuessen. Und sonntags durften sie dann etwas aus dem Glas essen. Mama und Papa machten das anders, die verzichteten nämlich die ganze Woche auf Süßigkeiten. Mama sagte dazu immer: “Kinder dürfen Ausnahmen machen, aber Erwachsene müssen sich genauer dran halten. Außerdem haben Papa und ich ja gar keine Gläser.“
Ria nutzte den Vormittag, ihr Zimmer aufzuräumen. Heute hatte sie dazu noch Zeit, denn die Schule fing ja erst morgen an. Sie warf alle zerknitterten Luftschlangen, die herumlagen, in den Mülleimer, stellte ihre Bücher ins Regal, sortierte die Wäsche nach sauber und schmutzig und sang dabei Lieder aus dem Radio mit. Mara war währenddessen nebenan in ihrem Zimmer, wo sie eigentlich auch aufräumen sollte, aber wie es sich anhörte, war sie mal wieder mit irgendwas anderem beschäftigt. Ria schlich sich hinüber an Maras Tür und schaute hinein. Ihre Schwester hatte noch kein bisschen aufgeräumt, und machte stattdessen Schneebälle mit dem Schnee von ihrer Fensterbank und warf sie in den Garten.
Nicht mein Problem, dachte Ria, und ging zurück in ihr Zimmer.
Am Nachmittag nahm Mama sie beide mit in die Kirche, wo der Pfarrer ihnen kleine Kreuzchen aus Asche auf die Stirn malte. Mara fand das blöd und versuchte sofort, ihr Kreuzchen wieder wegzuwischen, wodurch sie es aber nur quer über die Stirn verteilte.
***
Erster Fastensonntag
Endlich war es Sonntag. Mara wusste, dass es diesmal nur eine halbe Woche gewesen war, bis sie wieder etwas naschen durfte, aber es war ihr trotzdem furchtbar lang vorgekommen. Sie fragte sich, wie sie das jetzt jede Woche durchhalten sollte. Schon vor dem Frühstück lief sie nach unten und schnappte sich ein Bonbon aus ihrem Glas. Den Sonntag musste sie ausnutzen. Draußen schien die Sonne, und Mara kriegte gerade richtig Lust, draußen zu frühstücken. Manchmal um diese Jahreszeit hatten sie das schon gemacht. Aber natürlich würde das heute nicht gehen, denn es lag ja immer noch Schnee!
Hauptsache Süßigkeiten, dachte sie.
Als Ria nach unten kam, erwartete Mara, dass auch ihre Schwester mit Naschen anfangen würde. Aber diese hatte überhaupt keine Lust, schon vor dem Frühstück zu naschen und sagte sogar: „Wenn du jetzt alles Süße isst, was du unter der Woche weggelassen hast, dann macht das Ganze doch gar keinen Sinn.“ „Du klingst wie Mama.“ motzte Mara und steckte sich ein Stück Schokolade in den Mund.
Nach dem Mittagessen war Maras Glas leer. In Rias Glas fehlte nur ein einziger Riegel mit Milchfüllung, den sie direkt nach dem Essen als Nachtisch gegessen hatte. Mara fragte Mama: „Darf ich noch was Süßes haben?“ Mama sagte ja, und wollte Maras Glas vom Schrank holen. Aber es war ja schon unten, und auch schon leer. Deshalb sagte Mama: „Nein, noch was kriegst du nicht. Du hast schon so viel zu viel genascht.“ Mara ging auf ihr Zimmer und war motzig. Doch eine halbe Stunde später klopfte es leise an der Tür, und Ria stand davor. Sie hielt Mara ihr Glas hin. Und in dem Glas war wieder was drin! Aber keine Süßigkeiten, sondern bunte Glasperlen, Haarspangen und ein bunter Radiergummi.
Mara musste lachen.
***
Montags, anderthalb Wochen nach Anfang der Fastenzeit
Schon anderthalb Wochen war jetzt Fastenzeit, und immer noch war keine Osterdeko aufgehängt. Ria wurde langsam ungeduldig, und auch Mara wollte dringend die Kiste mit den Ostersachen vom Dachboden holen. Mama aber sagte jedes Mal: „Dazu ist doch noch genug Zeit. Es ist noch ein Monat Zeit, bis Ostern kommt.
Aber dann, als Mara und Ria montags aus der Schule kamen, da stand die Kiste unten im Wohnzimmer! Mama und Papa hatten sie heimlich morgens heruntergeholt.
Sofort stürzten sich die beiden auf die Kiste und rissen alle ihre Lieblingssachen heraus. Eine Handvoll bemalter Eier aus den vergangenen Jahren ging dabei leider zu Bruch, aber das war ihnen in dem Moment egal, denn sie konnten endlich, endlich, dekorieren!
Direkt nach den Hausaufgaben brachte Papa ihnen ihre Sachen nach oben, und los ging’s. Ria befestigte einen Stoffhasen an der Ecke ihres Regals und stellte künstliche Blumen auf ihre Fensterbank. Mara wiederum dekorierte ihr Zimmer mit mehreren kleinen Enten aus bemaltem Ton. Dann wollten sie die Eier aufhängen, aber dazu mussten sie noch warten, denn sie mussten ja immerhin an Zweigen befestigt werden, und Papa war dagegen, dass sie einfach die nächst besten Zweige abschnitten, er wollte Samstag ja sowieso im Garten arbeiten, wenn das Wetter gut genug war.
***
Der Samstag danach
Das Wetter war gut am Samstag. Die Sonne schien und es war ein kleines bisschen wärmer geworden. Zwar musste man immer noch Jacken und Schals tragen, aber davon abgesehen war es sehr angenehm. Mama säuberte die Beete vom restlichen Laub und abgestorbenen Pflanzen, Papa schnitt die Hecken zurück. Ria und Mara liefen um Papa herum und versuchten, die besten Zweige für ihre Dekoration zu erwischen. Am besten waren natürlich die Zweige, die später blühen würden! Papa war jedoch ärgerlich, weil sie ihm die ganze Zeit im Weg herumliefen. Als sie es dann endlich geschafft hatten, einen schönen großen Strauß Zweige zu sammeln, nervten sie stattdessen Mama, indem sie durch die Beete wuselten und nachsahen, ob die Tulpen und Osterglocken schon hervorguckten. Taten sie an manchen Stellen. Aber erst als Mara versehentlich auf Mamas Schaufel getreten war, gaben sie auf und machten stattdessen den Gartenweg sauber, wie Mama es ihnen schon die ganze Zeit über vorgeschlagen hatte.
***
Die Mitte der Fastenzeit
Schon seit mehreren Wochen war inzwischen Fastenzeit. Ria, die nachgezählt hatte, erklärte, jetzt sei genau die Hälfte der Tage bis Ostern vorbei, und damit war es jetzt genau der richtige Zeitpunkt, loszulegen mit dem Mama-Nerven. Sobald Mama ein Ei aufschlagen wollte, protestierten Ria und Mara lautstark, und riefen so lange, bis Mama das Ei nicht kaputtschlug und stattdessen ausblies. Und nachdem das eine Woche so gewesen war, waren samstags endlich genug Eier da. Mara und Ria holten ihre Wasserfarbkästen, Filzstifte und überhaupt alles an Bastelsachen, was sie finden konnten. Ria schimpfte laut: „Mara, du hast schon wieder meine neuen Holzstifte genommen! Gib sie zurück.“
Und schließlich saßen sie dann am Küchentisch, beaufsichtigt von Papa, der aber hinter einer Zeitung versteckt war, und begannen damit, die Eier anzumalen. Ausgeblasene und bemalte Eier kann man nämlich sehr gut zum Dekorieren benutzen, und genau das hatten sie auch vor. Das erste Ei, das Mara in die Hand nahm, fiel ihr gleich herunter und zerbrach in kleine Stückchen. Während sie noch damit beschäftigt war, laut darüber zu jammern, hatte Ria bereits angefangen, mit Filzstiften kleine Blumenranken um ihr Ei zu malen. Blumen passten nämlich ganz toll zu Ostern, fand sie. Als Mara schließlich von Papa ein Ei bemalt bekommen hatte, weil dieser –laut Rias Meinung - wollte, dass sie jetzt ruhig war und er sich wieder seinem Wirtschaftsteil widmen konnte, hatte sie sich wieder beruhigt und malte einen krakeligen Hasen auf ein Ei. Mama war inzwischen mit einem Stapel bunter Papierreste in die Küche gekommen, mit denen Ria und Mara die Eier bekleben konnten. Ria fand es gut, die Eier zu bekleben, weil man sie danach so oft fallenlassen konnte, wie man wollte, und sie gingen nicht kaputt. Sie hatten bei ihrer Osterdeko sogar noch ein solches Ei, das Ria im Kindergarten gebastelt hatte! Mama und Papa sagten, das Ei als solches sei sicher längst kaputt, nur der hart gewordene Kleister und das Papier hielten noch. Mara mochte diese Eier auch, aber nur, weil sie es witzig fand, Sachen zusammenzukleben.
Aber als Mama das Papier hingelegt hatte, schaute sie sich die bis jetzt fertigen Eier an und meinte bloß: „Habt ihr da nicht noch was vergessen?“ Ria und Mara schauten sie verblüfft an, und sogar Papas obere Gesichtshälfte tauchte hinter der Zeitung auf. „An Ostern geht es nicht um Blumen und auch nicht um Hasen.“ gab ihnen Mama einen Tipp. Mara schaute immer noch drein, als wüsste sie nicht, was Mama meinte, aber Ria malte auf ihr nächstes Ei ein Kreuz auf einem Berg und dahinter Sonnenstrahlen. Und da wusste dann auch Mara, was gemeint war.
All die fertigen Eier wurden von Papa und Mama am Abend mit kleinen Schlaufen zum Aufhängen versehen, und am nächsten Tag (sonntags) durften Ria und Mara sie an den abgeschnittenen Zweigen, die in einer Vase im Flur standen, festmachen. Mama fotografierte sie dabei, und Papa half, indem er die Eier an weiter oben gelegene Zweige hing, an die Mara und Ria nicht dran kamen. Manchmal hielt er auch eine von ihnen hoch, damit sie es selber machen konnten.
***
Samstag, zwei Wochen vor Ostern
„Heute gehen eure Mutter und ich einkaufen.“ erklärte Papa eines Samstagmorgens. Ostern war nur noch zwei Wochen entfernt. Mara rief sofort: „Ich will auch mit!“, und Ria nickte dazu. Aber Mama lachte und sagte: „Das geht aber nicht. Ihr bleibt so lange bei Oma, die freut sich schon auf euch.“ Ria und Mara schauten sich gegenseitig an und sagten dann ganz brav, dass sie damit einverstanden waren. Einkaufen war zwar schön, vor allem jetzt, wo es so viele leckere Süßigkeiten in den Läden gab, aber bei Oma war es auch schön. Und ihre Nachbarin hatte kleine Babyhunde! Vielleicht durften sie die wieder streicheln.
Als sie bei Oma ankamen, hatte diese schon Pfannkuchen gebacken, und gab ihnen Schokoladensahne dazu. Die war wie Kakao, nur steif geschlagen und Oma machte sie immer, weil sie wusste, dass Ria und Mara sie gerne mochten. Oma sagte: „Die Hunde könnt ihr heute nicht sehen, Roswitha ist mit ihnen zum Tierarzt gefahren.“ „Sind die Hunde krank?“ fragte Mara besorgt. Aber Oma beruhigte sie: „Nein, natürlich nicht. Aber kleine Hunde müssen, genau wie kleine Kinder, Impfungen bekommen, damit sie später nicht krank waren.“ „Ich habe auch mal eine bekommen, in der Schule.“ plapperte Mara sofort los. „Das hat ganz doll gepiekst.“ Ria sah so lange aus dem Fenster, und da sah sie es. Im Gras in Omas Garten lag etwas, das verdächtig in der Sonne glitzerte. „Was ist das da?“ fragte sie und unterbrach damit Omas Erklärung, dass es den kleinen Welpen bestimmt nicht sehr wehtun würde, geimpft zu werden. „Hmm…ich weiß nicht.“ meinte Oma langsam. „Wollt ihr nicht mal nachsehen gehen?“ Das ließen sich Ria und Mara nicht zweimal sagen, denn sie hatten eine ziemlich gute Ahnung, was da glitzerte.
Und sie hatten Recht. An mehreren Stellen des Gartens lagen, direkt nebeneinander, jeweils zwei kleine Schokoladeneier. Manche waren gefüllt, mit Nougat oder Pfefferminz, aber andere waren einfach nur aus Schokolade. Und Oma sagte wie jedes Jahr: „Die muss der Osterhase wohl versehentlich verloren haben, eigentlich ist es nämlich noch viel zu früh für Ostereier.“
Insgeheim wusste Ria aber schon, dass es Oma war, die die Eier dort verteilte. Aber das sagte sie nicht, weil Mara sonst weinen würde. Und außerdem war es ja viel schöner, Oma zu glauben. Ria lachte ihr zu und steckte ein Nougatei in ihren Mund.
***
Der allerletzte Schultag
„Ferien!“ rief Ria laut und warf ihre Schultasche in eine Ecke. Die Fastenzeit war fast vorbei. Nur noch eine Woche, und dann war schon Ostern! Und jetzt waren Ferien und sie hatten zwei Wochen lang keine Schule! Mama kam aus der Küche und sagte: „Ria, nimm deine Tasche mit nach oben in dein Zimmer und pack sie ordentlich aus. Vor allem die Brote! Nach den Weihnachtsferien haben wir noch eins von vorher wieder gefunden.“ Mara war schon eine Stunde vorher nach Hause gekommen, weil sie ja noch in die Grundschule ging. Sie saß bereits am Küchentisch und fragte Mama aus, über alles Mögliche.
Ria ging nach oben in ihr Zimmer. Nachdem letzte Woche so schönes Wetter gewesen war, regnete es heute in Strömen. Wenn das so weiterging, musste die Segnung der Palmzweige übermorgen in der Kirche drinnen stattfinden. Normal war sie immer an einem kleinen Steinaltar ein Stückchen außerhalb, und von dort aus gab es dann eine Prozession. Ria brachte ein übrig gebliebenes Brot nach unten, und hörte, wie Mama gerade erklärte, dass sie heute Mittag in die Stadt fahren würden, um Ria und Mara schicke Frühlingskleider zu kaufen. Fast jedes Jahr vor Ostern bekamen sie neue Kleider. Ihre waren ihnen immer viel zu klein geworden. Eigentlich hätte Mara die alten Kleider von Ria haben können, aber die sahen dann gar nicht mehr so fein aus, nachdem Ria ein Jahr lang darin gespielt hatte. Außerdem fände Mara es unfair, wenn Ria ein neues Kleid bekam und sie nicht.
Also fuhren sie am Nachmittag mit Mamas kleinem grauem Auto in ein Parkhaus in der Stadt und gingen von dort aus zu einem nahe gelegenen Kaufhaus. Mara entdeckte sofort das Kleid, das sie haben wollte: Es war hellgelb und überall waren kleine Blümchen in vielen verschiedenen Farben darauf, außer am Kragen und den Ärmeln. Es gab auch eines davon in Maras Größe, und sie bekam sogar noch einen gelben Hut dazu. Rias Kleider waren schon ein größeres Problem. Sie wollte kein ganz so kindisches Kleid mehr haben (auf dem vom letzten Jahr waren kleine Entchen drauf gewesen, direkt vorn auf der Brust). Schließlich entschied sie sich für einen langen, wehenden Rock in Hellblau und ein zartlila Oberteil mit gestickten Blumen um den Ausschnitt und die Ärmel, und unten am Saum. Sie bekam auch einen Hut, allerdings keinen aus Stroh, so wie Mara, sondern einen aus lila Stoff, der fast dieselbe Farbe wie das Oberteil hatte. Dann kaufte Mama noch eine neue Bluse für sich selbst, in weiß und mit nur ganz wenig rosa, und eine Krawatte für Papa. Dann fuhren sie wieder nach Hause. Jetzt konnten sie sich alle fein machen, wenn Ostern endlich kam.
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Der Samstag vor Palmsonntag
Am Samstag taten sie quasi gar nichts. Das Wetter war nach wie vor schlecht, und es war auch ziemlich kalt draußen. Ria telefonierte ein bisschen mit ihrer Freundin Nicoletta, und Mara spielte an Papas Computer ein Spiel, bei dem es darum ging, Puzzleteile in einem Labyrinth zu finden, und dann das Puzzle zusammenzusetzen. Papa und Mama versuchten, irgendwelche Dokumente von Papa durchzuarbeiten, und hörten leise alte Musik. Ria mochte diese Musik.
Nach dem Mittagessen schlug Mama vor, dass sie noch einen Osterputz machen müssten, aber plötzlich hatten Ria und Mara jede Menge Dinge zu tun. Ganz dringende Dinge, von denen sie gar nicht wussten, wieso sie heute Morgen nicht auf die Idee gekommen waren. Ria rief: „Ich muss ganz dringend ein Buch für die Schule lesen, bis nach den Ferien. Beinahe hätte ich das vergessen!“ und Mara sagte: „Ich muss noch etwas fertig basteln, sonst ist mein Kleber ganz getrocknet und dann geht es nicht mehr so gut.“ Mama lachte darüber total, und sagte: „Dann müsst ihr es auf jeden Fall am Montag oder Dienstag anfangen. Komm, Schatz, wir waschen das Auto.“ Als Papa aufsprang und erklärte, er müsse dringend die Unterlagen von der Versicherung durchsehen, musste Ria bei sich doch lachen. Sogar Papa drückte sich vor dem Frühjahrsputz!
***
Palmsonntag
Heute war Palmsonntag! Morgens zogen sie sich alle fein an - noch nicht mit den neuen Kleidern, die wurden erst an Ostern ausgepackt, sondern mit den zweitfeinsten. Papa hatte aus dem Garten Buchszweige gebracht. Die konnten sie in die Hand nehmen. Um die von Mara und Ria hatte er bunte Schleifen gebunden. Auch er und Mama hatten Zweige, aber ohne Schleifen.
Die Segnung der Zweige fand draußen statt. Die Sonne schien zwar nicht, aber es regnete auch nicht.
Auf dem Heimweg fiel Mara auf einmal auf: „Wir haben gar keine Palmhasen- Nester bekommen dieses Jahr!“ Der Palmhase war sozusagen der Vorbote des Osterhasen, und er brachte normalerweise am Palmsonntag kleine Nester mit ein bisschen Süßem als Vorgeschmack. Aber dieses Jahr hatten keine kleinen Nester auf ihren Nachtschränken gestanden, und auch nicht auf dem Schreibtisch. „Seid ihr sicher, dass keine da sind? Nirgends im Haus?“ fragte Mama, und Papa zwinkerte ihnen verschwörerisch zu.
Sobald sie zu Hause angekommen waren, durchsuchten sie alles. Zuerst die Küche, aber dort war nichts. Ria war es die es schließlich entdeckte: An den unteren Zweigen des großen Osterstraußes aus Zweigen hingen nicht nur Eier, sondern auch zwei kleine Körbchen. „Da sind sie!“ rief sie begeistert und knotete eines der Körbchen los.
Mara riss das andere so heftig herunter, dass der Zweig abbrach. Mama schimpfte, sie solle selber den abgebrochenen Zweig und die dadurch zerbrochenen Eier aufräumen, und Papa meinte, sie sollte nicht so gierig sein, er wisse doch genau, dass sie Donnerstags erst heimlich genascht hatte.
Mara räumte schlecht gelaunt die Scherben und den Zweig weg und ging dann in ihr Zimmer. Ria war klar, dass sie beleidigt war. Dabei war sie ja selbst schuld. Ria nahm ein einziges Ei aus ihrem Korb und lutschte es ganz langsam. Als sie noch kleiner gewesen war, hatte sie auch nie abwarten können und zwischendrin Süßes gegessen, und Oma hatte verraten, dass Mama es auch gemacht hatte. Damals war es aber noch schwerer, weil Mama als kleines Mädchen auch sonntags nichts naschen durfte. Erst an Ostern wieder! Und als Oma ganz klein gewesen war, da durften sie auch kein Fleisch essen! Oma kannte jede Menge so tolle Geschichten.
Nach dem Mittagessen fragte Papa: „Wollen wir einen kleinen Ausflug zum Weiher machen?“ Ria und Mara waren sofort begeistert. Der Weiher lag ganz in der Nähe, und rundherum war ein Spazierweg.
Heute war es ziemlich schön am Weiher. Die ersten Bäume hatten angefangen zu blühen und Ria fragte: „Darf ich mir ein paar von den Zweigen abbrechen, für mein Zimmer?“ Mama sagte: „Ja, aber nur ein paar und nur dort, wo dann noch genug andere sind.“ Ria hatte ganz stark den Verdacht, dass man eigentlich keine Zweige abbrechen sollte, aber sie sagte lieber nichts.
Ria und Mara kamen am Abend zurück und hatten jede einen ganzen Arm voll blühender Zweige dabei. Die stellte Mama in Vasen auf ihre Schreibtische, und ihre Zimmer rochen ganz süß davon.
***
Der Montag vor Ostern
Der Montag begann genauso trüb wie der Sonntag aufgehört hatte. Mama sagte, direkt nach dem Frühstück würden sie mit dem Osterputz anfangen. Das bedeutete zuerst einmal, alles ausräumen. Kleider, Hefte, alles, was sich so im Schrank angesammelt hatte, wurde auf den Boden geworfen und dann zusammen durchgesehen, damit man alles aussortieren konnte, was man nicht mehr brauchte.
Maras Zimmer war zuerst dran, denn Mama sagte immer: „Alle Sachen, die Ria aussortiert, will Mara unbedingt haben, und dafür muss erst mal Platz sein.“
Also gingen sie alle drei nach oben in Maras Zimmer und Mama begann, die Kleider aus dem Schrank auf zwei Haufen zu verteilen. Mara protestierte immer laut, wenn Mama etwas weglegte, was sie behalten wollte- leider hatte Mama aber meistens Recht und die Sachen waren Mara viel zu klein oder kaputt. Dann kamen Maras Spielsachen dran, und bei denen war sie viel weggabefreundlicher. Sie wollte ja immerhin kein Babyspielzeug mehr haben. Was die beiden Schwestern nicht wussten, war, dass Mama die meisten Kindersachen gar nicht weggab, sondern sie in eine Truhe auf dem Speicher legte.
Als Maras Schränke und Schubladen fertig sortiert waren, gab es auch schon Mittagessen, und nach dem Mittagessen war dann Rias Zimmer dran.
Wie Mama es vorausgesagt hatte, nahm Mara quasi alles, was Ria aussortierte, bis auf ein paar Filzstifte, die nicht mehr funktionierten, einen linken Strumpf und ein halbes Lineal.
„Ein Gutes hat das aber, dass wir jetzt aufgeräumt haben: Wenn wir morgen gestaubsaugt haben, dann können wir schon alles fertig dekorieren.“ sagte Ria beim Abendessen.
***
Der Dienstag vor Ostern
Natürlich kam es nicht dazu, dass sie am nächsten Tag dekorierten. Denn schon kurz vor dem Mittagessen rief Rias Freundin Vivi an, ob Ria nicht mitkommen wollte in die Stadt, zum Bummeln, und Ria sagte natürlich Ja. Und genau deswegen war es Mara jetzt auch so langweilig. Sie saß am Küchentisch und Mama hatte keine Zeit, weil sie mit Tante Sonja telefonierte, Papa war auf der Arbeit und Ria mit Vivi weg. Und niemand hatte Zeit für Mara. Sie konnte nicht alleine dekorieren, weil alle Sachen, an die sie selber drankam, bereits aufgehängt waren, und das schon seit ein paar Wochen. Die Kiste mit den Dekorationen, die erst kurz vor Ostern befestigt wurden, stand aber ganz oben auf dem Küchenschrank. Mara war noch viel zu klein, um oben an den Schrank dranzukommen. Sogar Papa brauchte dafür einen kleinen Schemel, und der war richtig groß! Mara guckte, wo Mama war, und ging dann in den Flur, holte ihre Gartenjacke und ging über die Terrasse nach draußen. Draußen schien ein kleines bisschen die Sonne durch die weißen Wolken hindurch. Es war aber gar nicht sehr kalt, und Mara hoffte, dass bis Ostern die Sonne ganz scheinen würde und richtig gutes Wetter wäre. Nicht so wie letztes Jahr, da hatte es so schlimm geregnet, dass die Scheibenwischer fast zu wenig waren, als sie nachmittags zu Oma gefahren waren.
Mara spazierte im Garten herum, und pflückte ein paar kleine Gänseblümchen ab. Die konnte sie bestimmt für ihre Dekoration im Zimmer brauchen. Auch ein paar von den Osterglocken und Narzissen sahen so aus, als würden sie bald anfangen zu blühen, aber von denen durfte Mara keine nehmen. Mama musste es ihr erst erlauben, und dann brauchte sie auch noch eine Gartenschere dazu.
Gerade untersuchte Ria ein paar Tierspuren in einer Ecke des Gartens und überlegte, ob diese wohl von einem Hasen stammen könnten, als Mama auf der Terrasse nach ihr rief. Sie war jetzt fertig mit Telefonieren und hatte Mara schon überall gesucht. Sie schimpfte: „Du darfst doch nicht einfach weggehen, ohne mir Bescheid zu sagen!“, aber Mara wusste, dass sie Recht hatte. Immerhin hatte Mama ihr gar nicht zuhören WOLLEN.
***
Der Mittwoch vor Ostern
Dann war es auch schon Mittwoch. „Nur noch vier Tage bis Ostern!“ sangen Ria und Mara im Chor, als sie nach unten in die Küche kamen, um zu frühstücken. Mama grinste und Papa murmelte hinter seiner Zeitung heraus: „Ob ihr wohl noch genauso denkt, wenn ihr jetzt einen ganzen Tag über aufräumen und putzen müsst?“ „Wir haben schon alle Schränke sortiert.“ antwortete ihm Mara. „Jetzt müssen wir nur noch Staubsaugen, oder?“ Aber das stimmte nicht so ganz. Sie mussten nicht nur Staubsaugen, sondern auch alles putzen und polieren. Die Fenster putzte Mama selber, denn sie wusste genau, dass Ria und Mara das noch nicht konnten.
Aber das hieß nicht, dass es nichts zu tun gab für sie: Sie mussten überall aufwischen, sogar unter dem Bett („Also unters Bett guckt doch eh keiner, auch nicht der Osterhase.“ beschwerte sich Mara) und auf dem Schrank (Papa hatte eine kleine Klappleiter heraufgeholt, damit sie da oben selber dran kamen), und Ria fand völlig unerwartet auf ihrem Schrank ein Buch, das sie schon ewig gesucht hatte, nur dass sich keiner erklären konnte, wie um alles in der Welt es da oben hingekommen war, denn Ria war sich ganz sicher, noch nie etwas auf den Schrank gelegt zu haben und Mara sagte, sie habe es auch nicht hingelegt und Ria sei gemein, das auch nur zu denken.
Bevor es Streit gab griff Mama ein, und schon bald waren sie wieder fleißig am Schrubben und Fegen.
Als sie endlich zum Staubsaugen kamen, dem einzigen Teil ihrer Arbeit, mit dem sie vorher gerechnet hatten, war es schon fast fünf Uhr! Ria konnte gar nicht glauben, wie viel Dreck sich seit dem letzten Putzen in ihrem Zimmer angesammelt hatte. Nun waren sie endlich, endlich fertig. Mama schlug vor, sie könnten noch ein bisschen im Rest des Hauses helfen, aber da streikten die beiden und sahen sich lieber noch einen Film im Fernsehen an. Wozu sollte man denn so viel arbeiten, wenn man Ferien hat!
***
Gründonnerstag
Nun hatten die Tage bis Ostern quasi alle schon Namen, und das gab Ria deutlich das Gefühl, dass sie gar nicht mehr lange warten mussten. Heute war Mama den ganzen Morgen damit beschäftigt, die Wohnung zu putzen, und zwar ebenso gründlich, wie Maras und Rias Sachen aufgeräumt worden waren. Mara und Ria blieben aus dem Weg, denn Mama wurde immer wütend, wenn man sie so sehr vom Arbeiten abhielt.
Also setzten sie sich in Papas Arbeitszimmer und suchten zusammen alte Fotos raus, die mit Ostern zu tun hatten, kopierten sie und klebten dann die Kopien alle zusammen, damit man das Ganze im Wohnzimmer aufhängen konnte, als ganz besondere Dekoration sozusagen. Von all den Bildern, auf denen Ria und Mara große Körbe voller Süßigkeiten und Schokoladenhasen festhielten, bekamen die beiden richtig Hunger und liefen sofort hinunter in die Küche, als Mama sie zum Essen rief. Allerdings hatten sie eines vergessen: An Gründonnerstag gab es gar nichts Feines zum Essen, sondern lauter grüne Sachen. Das machte Mama immer so, weil es auch bei ihr und bei Papa so gewesen war. Meistens hieß das, es gab Spinat. Ria mochte Spinat, Mara aber gar nicht. Meistens wurde sie so sauer, dass sie dann verweigerte, überhaupt etwas Grünes zu essen. Und so war es auch dieses Jahr. Während alle anderen sich ihren Spinat mit Kartoffeln und Ei schmecken ließen, stocherte Mara wütend in ihren Kartoffeln und sagte laut, dass sie, wenn sie erst einmal groß wäre, an Gründonnerstag nur rote und gelbe und braune Sachen essen würde, und gar keine grünen.
Der Nachmittag ging relativ schnell rum, und dann ging es auch schon los in die Kirche. Ria hatte sich speziell dicke Kleider mitgenommen, weil sie direkt nach der Kirche razzen gehen würde. Mara motzte leise vor sich hin, weil sie nämlich auch unbedingt mitgehen wollte, aber sie durfte noch nicht. „Vielleicht im nächsten Jahr.“ versuchte Mama sie zu beruhigen.
Nach der Messe ging also Mara mit Mama nach Hause, während Ria sich mit Nicki zusammen einen Weg zu der kleinen Gruppe anderer Messdiener bahnte, die bereits vor der Kirche darauf warteten, losgehen zu können.
Wie in jedem Jahr wurde die Gruppe in drei kleinere geteilt, die sich dann aufteilten und im Dorf die Glocken ersetzen sollten, die jetzt bis Ostern nicht mehr läuten würden. Oma sagte immer, die Glocken wären nach Rom geflogen, die Ostereier holen, aber Ria wusste längst, dass die Glocken weiterhin im Turm hingen und nur niemand damit läutete.
Um die Glocken zu ersetzen sangen sie ein kleines Liedchen und machten dann mit ihren Holzklappern jede Menge Krach. Früher, hatte Mama Ria erzählt, war das wirklich nötig gewesen, weil die Leute bei jedem Glockenläuten beteten, und nicht wussten, wann sie das müssten, wenn sie keine Glocken hörten. Eigentlich, dachte Ria, war das heute gar nicht mehr nötig, weil die Leute doch eh nicht mehr jedes Mal beteten, wenn sie Glocken hörten. Aber das machte Ria auch gar nichts aus. Sie fand es einfach total witzig mit einer Gruppe von Leuten, mit denen sie sich gut verstand, im Dorf herumzulaufen. Zwischen dem Singen und Razzen redeten sie oft miteinander, und außerdem war das Razzen ein deutliches Anzeichen, dass jetzt endlich Ostern kam und schon so gut wie da war.
In diesem Jahr hatte Ria besonderes Glück, denn die Leiter ihrer Gruppe waren Tom und Sara, die die allerbesten Gruselgeschichten kannten, und den anderen in der Gruppe zwischen den einzelnen Gesangeseinlagen so richtig Angst machen konnten. Außerdem war, was Ria nicht so gut fand, auch Jonas in der Gruppe, und in den war Nicki verknallt, was dazu führte, dass sie ihm die ganze Zeit über hinterher trabte.
Ria versuchte dieses alberne Getue zu ignorieren und konzentrierte sich stattdessen auf das Singen: „Heut ist die heilige Fastenzeit“ – „nicht nur heute“ flüsterte dieser alberne Jonas, und Nicki kicherte. „da Jesu Christ im Garde leit- Dieses Wort ist dämlich, dachte Ria, Aber im Hochdeutschen gibt’s keinen passenden Reim, der Sinn macht. „Leid, Angst und Not, den bitteren Tod, Ave Maria“. Und Ave Maria war das Stichwort, denn nun begannen alle zu razzen, zu klappern, zu rasseln mit allem was sie mitgebracht hatten. Es war ein ziemlicher Krach, aber Ria fand es wie jedes Jahr lustig, auch wenn sie genau wusste, dass ihr nachher zu Hause die Ohren summen würden von all dem Krach.
Wie jedes Jahr versuchten ein paar von den Jungs immer, den letzten Ton auszulösen, was dazu führte, dass so ewig noch einzelne Töne kamen, dass Tom eingreifen musste. Ria lief weiter nach vorne in der Gruppe und hörte lieber einer spannenden Geschichte, die sich angeblich vor Jahrhunderten hier im Ort abgespielt hatte zu, als Nicki und Jonas.
Es war ein wirklich schöner Abend, nicht allzu kalt, und außerdem hatten sich selbst die letzten Wolken verzogen und man konnte die Sterne sehen.
Als Ria schließlich ein Drittel des Dorfes abgeklappert hatte und nach Hause kam, merkte sie auf einmal, dass sie todmüde war. Sie legte sich ins Bett und schlief auch sofort ein.
***
Karfreitag
An Ausschlafen war natürlich nicht zu denken, denn schon um halb sieben ging Rias Gruppe morgens wieder los. Verschlafen aß sie das Brot mit Streichkäse (denn am Karfreitag gibt es wie am Aschermittwoch keine Wurst und nichts Süßes), und machte sich auf den Weg zum Treffpunkt. Sie merkte gar nicht, dass sie verfolgt wurde.
Als sie sich mit ihrer Gruppe traf, rief ihr Nicki schon von weitem entgegen: „Wozu hast du denn Mara mitgebracht? Ich denke, die ist noch zu klein.“ Ria drehte sich erstaunt um. Hinter ihr stand Mara, dick angezogen und mit einer Holzrassel in der Hand (sie hatte ja noch keine richtige Razze). Ria war total verblüfft, und Mara begann sofort zu jammern: „Ich will aber auch mitgehen und nicht bis nächstes Jahr warten.“ Doch die Gruppenleiterin Sara fand sofort eine Lösung: „Wir machen das jetzt so: Heute laufen wir ja sowieso an eurem Haus vorbei. Dann kannst du mit uns mitlaufen bis dort hin, und dann reden wir mit eurer Mutter, ob du mitkommen darfst. Sonst macht sie sich noch Sorgen.“ Mama erlaubte es, also lief Mara für den Rest der Tour zwischen Ria und Nicki und strahlte total, wenn sie das Liedchen mitsingen konnte. Morgens gab es ein anderes Lied, das Ria viel lieber mochte. „Wachet auf, im Namen des Herrn Jesu Christ. Ein neuer Tag vorhanden ist. Ein neuer Tag, ein neues Licht. Gelobt seist du, Herr Jesu Christ.“ Und der letzte Teil war morgens das Stichwort fürs Losrazzen.
Auch wenn man jetzt keine Sterne mehr sehen konnte und auch Gruselgeschichten nicht so effektiv waren, wenn es schon hell wurde, machte das Razzen morgens großen Spaß. Man konnte den Sonnenaufgang beobachten und merkte, wie es immer heller wurde. Außerdem hörte man die Vögel zwitschern und das war schön.
Als Mara und Ria zurück nach Hause kamen, waren Mama und Papa gerade am Frühstücken. Papa neckte Mara, weil sie sich einfach Ria nachgeschlichen hatte.
Aber nicht nur das Razzen war das Besondere am Karfreitag. Nach dem Mittagessen (Es gab Fisch und Kartoffeln, wie jedes Jahr, weil Fleisch nicht erlaubt war), wurden die Ostereier gefärbt!
Dazu rührte Papa in der Küche Farbe an, und Mara und Ria halfen ihm dabei, die gekochten Eier hineinzuhalten, bis sie schön farbig geworden waren. Es gab grüne, blaue, orange, rote, gelbe und rosafarbene Färbemittel, und darüber hinaus noch Farben zum Marmorieren. Ria färbte die Eier am liebsten blau oder grün, und Mara warf ihre gerne in zwei verschiedene Farben, so dass sie lila oder gelbgrün oder braun wurden.
Nachdem sie genug Eier für sich und ihre Verwandten und Freunde gefärbt hatten, musste Mama Ria und Mara und auch Papa gründlich abschrubben, weil sie überall mit Farbe bespritzt waren. Zum Glück hatten sie das vorher gewusst und alle alte Kleider angezogen, bei denen das nichts ausmachte.
Nach dem Abendessen war es dann auch schon wieder Zeit zum Razzen gehen und diesmal ging Mara ganz offiziell mit zum Treffpunkt, und nicht heimlich. Das Abendlied wurde genauso gesungen wie gestern, nur das sie statt „Garde“ „Grabe“ sangen. Aber da die meisten es sowieso immer verwechselten, klang es für Zuhörer genau so wie gestern.
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Karsamstag
So sehr Ria das Razzen auch mochte, sie war immer fürchterlich müde, wenn sie mitten in den Ferien so früh aufstehen musste. Mara schien das genauso zu sehen, denn heute Morgen verzichtete sie freiwillig auf das Mitkommen und blieb einfach im Bett liegen. Mit einem Zwinkern sagte Tom zu Ria, das habe er sich fast so gedacht, dass Mara nicht so oft freiwillig mitkam. Immerhin gäbe es auch einige von den Größeren, die nur mitkamen, weil sie samstags bei der Sammlung dann Schokolade und vielleicht sogar ein bisschen Geld bekamen.
Nach dem Singen hatte Ria kaum die Zeit, sich kurz hinzulegen, und schon musste sie wieder los. Die Messdiener würden heute durch den Ort laufen, an jeder Haustür klingeln und Spenden einsammeln. Die Spenden wurden dann an alle verteilt, so dass jeder ein bisschen Geld und ein bisschen Süßes bekam.
Die Sonne schien und es war so warm, dass Ria und die anderen schon bald mit dem Gedanken spielten, ihre Strickjacken auszuziehen und auf dem kleinen Wagen, den sie mit durchs Dorf zogen, abzulegen.
Sara erzählte, dass sie einmal früher ganze achtzig Mark pro Person bekommen hatten, und das sind 40 Euro! Aber nicht so viel bekommen machte Ria nichts aus. Sie freute sich auch wenn sie nur einen Euro bekam oder gar keinen. Aber es machte Riesenspaß, durchs Dorf zu laufen und zusammen zu allen Häusern zu gehen. Die meisten Leute waren sehr nett, und Ria bemerkte sogar, dass fast alle gerade putzten, damit für Ostern alles schön war.
Auch bei ihnen zu Hause wurde alles sauber gemacht. Mama hatte Mara dafür eingeteilt, Papa dabei zu helfen, den Vorgarten schön zu machen, und Mara vergaß fast, dass sie nicht mit sammeln gehen konnte, als sie begeistert bunte Plastikeier in einen Forsythienstrauch hängte, der gerade anfing zu blühen. Papa sang ein Lied aus dem Radio mit, während er Dreck auf dem Gehweg zusammenfegte, und Mama schnitt an einer kleinen Tanne die abgeknickten Zweige ab. Dann schnitt sie sogar ein paar Zweige von den Forsythien ab, und zwinkerte Mara dabei zu: „Die stecken wir an unsere Nester dran, damit sie schön aussehen.“
Ria und ihre Gruppe waren währenddessen schon bei ihrer Mittagspause angelangt. Auf dem kleinen Wagen hatten sie Wurst, Brote und Getränke mitgeschleppt und nun saßen sie auf einer kleinen Wiese und aßen und tranken. Nicki schüttete versehentlich einen Becher Limo über Jonas’ Jacke, und von da an ließ er sie und Ria in Ruhe. Irgendwie hatte Ria schon heute Morgen den Eindruck gehabt, dass er auch Nicki irgendwie total auf die Nerven ging. Zumindest war Nicoletta total entspannt darüber, dass er wegging, denn sie streckte sich in der Sonne aus und grinste Ria verschwörerisch an.
Am Nachmittag gegen vier Uhr war Ria wieder zu Hause. Sie hatte Sonnenbrand auf der Nase und Grasflecken auf ihrer Strickjacke, aber das machte ihr gar nichts aus. Sobald sie zur Tür hereingekommen war, rief Mara ihr schon entgegen: „Endlich bist du da! Jetzt müssen wir nicht mehr warten, sondern können die Nester aufbauen!“ Mama hatte nämlich den ganzen Tag darauf bestanden, dass Mara das nicht ohne Ria begann, sondern erst auf ihre Schwester wartete.
Aus einer Schachtel voller Osterkörbe suchten sich Ria und Mara jeweils eines aus (eigentlich suchte sich jede ihres aus, denn sie hatten quasi jedes Jahr dieselben Körbe), füllten es mit grünem Ostergras aus einer großen Tüte, befestigten ein kleines Schildchen mit ihrem Namen daran, das sie auf bunter Pappe anfertigten, und verzierten das Nest dann mit den Forsythienzweigen und ein paar Blumen. Dann stellten sie ihre Nester auf die Ablage und sahen Mama dabei zu, wie sie für alle anderen, die ein Nest bekommen würden, Körbchen vorbereitete.
Um halb sechs ging Ria, begleitet von Mara, zum Pfarrheim, wo die Sachen aus der Sammlung verteilt wurden. Die beiden stellten sich hinter einem Mädchen namens Kira, das in einer anderen Gruppe mitgelaufen war, in der Schlange an. Als Ria an der Reihe war, bekam sie von den Austeilern, also den Gruppenleitern, dreißig Euro, einen Schokoladenhasen aus weißer Schokolade und eine kleine Packung Nougateier, und dann gab Sara mit einem Zwinkern auch Mara eine Packung Schokoladeneier mit Cremefüllung und ein hart gekochtes Ei. „Weil du uns so toll geholfen hast.“ sagte sie und zwinkerte.
Zu Hause ging es dann gleich ab in die Badewanne, damit die beiden für den Ostertag morgen ordentlich aussahen, und dann legte Mama ihre neuen, schicken Kleider heraus, und sagte ihnen gute Nacht.
Es war ungefähr neun Uhr, als Ria müde einschlief. Mara aber lag noch lange wach und versuchte, aufzubleiben. Aber schließlich schlief sie dann doch ein.
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Ostersonntag
Papa weckte die beiden Mädchen schon sehr früh, damit sie in die Osternachtsmesse gehen konnten. Ria und Mara zogen ihre neuen Kleider an, und Ria bemerkte bereits, dass in allen Ecken der Wohnung ein verdächtiges Glitzern zu sehen war. Aber das musste sie jetzt noch ignorieren, denn erst nach dem Gottesdienst durften sie nach Eiern suchen.
In der Kirche war es so voll wie sonst nie, und überall brannten Kerzen. Das elektrische Licht war noch aus. Es würde erst angehen, nachdem die Glocken „zurück“ waren und wieder läuteten.
Ria mochte die Ostermesse, denn die Lieder, die dort gesungen wurden, waren so schön. Als das Licht wieder anging, sah Ria, dass das kleine Baby in der Reihe vor ihr fest eingeschlafen war, und sie beschloss Mama zu fragen, ob ihr das auch mal passiert war, als sie klein war. Eigentlich konnte sie sich nicht vorstellen, dass sie bei so lautem Gesang und Orgelspielen schlafen konnte. Aber andererseits war das Baby da vorne ja auch trotzdem eingeschlafen.
In der Mitte der Predigt wurde das kleine Kind dann wach und begann so laut zu weinen, dass seine Mutter mit ihm nach draußen gehen musste und den Rest der Messe verpasste.
Nachdem sie eins von den Liedern, die Ria so sehr mochte, als Schlusslied gesungen hatten, gingen sie dann alle vier zusammen wieder nach Hause. Mara war so hibbelig, endlich auf Eiersuche zu gehen, dass Papa sie an der Hand nahm, nur zur Sicherheit, damit sie nicht losrannte und hinfiel
Als sie zu Hause ihre Jacken an die Garderobe aufgehängt hatten, ging dann die Suche nach den Ostereiern los. Mama und Papa suchten nicht mit, sie hatten ihre Nester einfach auf dem Küchentisch stehen, dort wo sie sie gestern Abend abgestellt hatten, und waren einfach nur gefüllt worden. Rias und Maras Nester aber waren weg. Papa holte seine Videokamera und filmte, wie die beiden begeistert von Ecke zu Ecke liefen und alle Verstecke durchgingen. Unter dem Sofa, neben der Garderobe, hinter einer Topfpflanze…überall entdeckten die beiden einzelne Eier. Aber ihre Nester fanden sie noch nicht. Einer Spur von Eiern folgten sie durch den Flur, in ihre Zimmer. Ria dachte darüber nach, wie Mama und Papa es wohl geschafft hatten, so viele Dinge in ihrem Zimmer zu verstecken, ohne dass sie davon wach geworden war. Und da war ja auch ihr Nest. Es stand unter dem Schreibtisch, direkt hinter dem Papierkorb. Auch Mara rief aus ihrem Zimmer herüber „Ich hab es!“ und schwenkte ihr gefülltes Körbchen.
Sie warfen ihre gefundenen Eier zu den anderen in die Körbe, und liefen dann hinunter in die Küche. Dort warteten Mama und Papa schon mit dem Frühstück auf sie.
Heute durften sie sogar nur Schokolade zu ihren Brötchen essen, und das durften sie normalerweise nicht.
Nach dem Mittagsessen (einem richtigen Festmahl, mit Braten, Pommes Frites und Gemüse) fuhren sie dann zuerst zu Oma und dann zu Tante Sonja.
Als sie abends ins Bett kamen, war Mara und Ria fast schlecht vor lauter leckerem Essen.
Und dabei würde morgen noch ein Tag lang Ostern sein!
Endlich war Ostern da, und Mama, Papa, Ria und Mara hatten, wie jedes Jahr, eine wirklich schöne Zeit.
Ende