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Creative writing

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Dieses Thema hat 13 Antworten
und wurde 352 mal aufgerufen
 In German
Mone Offline



Beiträge: 239

26.08.2006 19:17
Harte Zeiten Antworten

Kurze Einleitung zum Thema: Hab vor kurzem Altpapier weggebracht, als mein Blick auf eine Ausschreibung zu einem Schreibwettbewerb zum Thema Gewalt fiel. Tja, der Einsendeschluss war zwar schon vorbei, aber ich hab mich trotzdem drangesetzt, weil mich das Thema dann doch nicht losließ:

Harte Zeiten

Da war es wieder. Dieses Gefühl. Ein Ziehen in der Magengegend. Sie hatte noch niemandem davon erzählt. Einfach, weil sie Angst hatte. Dass ihr niemand glauben würde. Dass die anderen sie deswegen fertig machen würden. Das waren schon harte Zeiten im Moment. Juliana konnte sich gar nicht daran erinnern, wie alles angefangen hatte. Hatte sie sich verändert? Oder die anderen? Sie dachte jeden Tag unzählige Minuten daran, konnte aber trotz großer Anstrengung nicht zu irgendeinem Schluss kommen.
Aber es half alles nichts. Sie musste jeden Morgen so tun, als wäre es das schönste auf der Welt, in die Schule zu gehen. Sie wollte ihre Mutter auch nicht damit belasten, schließlich war die ja auch etwas angeschlagen, nach der Scheidung von Papa. Der hat es gut, dachte Juliana. Der wohnt jetzt in Hamburg und muss nicht hier in diesem Kaff mit diesen Idioten hausen.
Der Weg zur Schule war heute noch länger als sonst. An jeder Straßenecke konnten sie stehen und ihr auflauern. Sie würden ihr nichts tun. Nein. Sie würden Juliana nur anstarren und Grimassen schneiden. Hinter ihr herlaufen, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Es wäre einfacher für Juliana, wenn diese Mädchen einfach zuschlagen würden. Dann könnte sie sich wehren. Aber so… Sie hatte schließlich schon einmal einen Verweis kassiert, als sie auf eines der Mädchen losgegangen war. Und der Direktor hatte gesagt, dass so etwas nie wieder vorkommen dürfe, sonst würde sie von der Schule fliegen. Juliana dachte die ganze Zeit über seine Worte nach. Aber eigentlich mochte sie ihre Schule: Das Gebäude war alt und romantisch, die Lehrer freundlich und hilfsbereit, nur mit ihren Klassenkameraden verstand sich Juliana überhaupt nicht. Und das würde sich, so glaubte sie zumindest, nie ändern.
Und nun war sie also wieder auf dem Weg zur Schule. Der Rucksack war schwer und eigentlich hätte sie viel lieber geschwänzt. Aber Herr Roloff, ein Lehrer an ihrer Schule, der im Haus gegenüber wohnte, hatte sie heute Morgen schon aus der Tür kommen sehen und hatte ihr zugewinkt. Er würde sich sicher wundern, wenn sie nachher nicht in der Schule wäre. Also ging Juliana schweren Herzens weiter.
Da, das Schulhaus war schon in Sichtweite. Die vier Mädchen warteten schon auf sie. Direkt am Tor. Sie musterten Juliana schon von weitem mit abschätzigen Blicken. Was hatte die denn heute wieder an? So etwas würde noch nicht mal ihre Großmutter anziehen. Altmodisch. Und dann noch so grell bunt. Unfassbar, dass die sich so auf die Straße traute.
Juliana passierte das Hoftor. Die Mädchen, die das Tor blockiert hatten, machten wortlos Platz, aber Juliana wusste, dass sie ihr hinterher starrten. Sie fühlte die Blicke förmlich im Rücken. Juliana reckte den Hals, atmete tief ein und lief weiter, als plötzlich eines der Mädchen vor ihr auftauchte, ihr einen Schlag auf die Schulter verpasste, der sich gewaschen hatte, und sie aufhielt:
„Nee, unsere Kleine, wie sieht sie heute wieder putzig aus! Hatte der Secondhand-Laden wieder Ausverkauf?“
Juliana versuchte das Geschwätz zu überhören, zu ignorieren, aber dieses Mädel war wirklich penetrant.
„Ach, und die Stimme hat’s unsrer Oma auch verschlagen…“
„Lass mich in Ruhe. Ich hab dir nix getan!“
„Doch! So wie du rumläufst, bist du definitiv eine Beleidigung für meine Augen und ganz sicher auch für alle, die auch nur einen Funken Geschmack besitzen!“
Juliana ging schweigend weiter und versuchte, alles ohne Reaktion über sich ergehen zu lassen, als das Mädchen plötzlich von einem zweiten unterstützt wurde.
„Hast du ihr schon gesagt, dass sie so an dieser Schule nicht rumlaufen kann, Karin?“ Die andere bejahte. „Aber scheinbar hat sie dich nicht verstanden. Vielleicht hat sie auch etwas mit den Ohren wie ihr kleiner Bruder. Hast du gehört?! Verpiss dich!“
Das war zuviel für Juliana. Sie machte auf dem Absatz kehrt und funkelte die beiden Mädchen an: „Lasst meinen Bruder aus dem Spiel, er hat euch nichts getan!“
„Oho“, lachte Karin. „Guck mal, unsere Oma hat Muttergefühle entwickelt für den kleinen Dummkopf.“
Weiter kam Karin nicht. Allen Warnungen zum Trotz rastete Juliana jetzt vollends aus. Beleidigungen über ihren kleinen Bruder, der schwerhörig zur Welt gekommen war, konnte sie sich nicht anhören. Sie rannte auf Karin zu, warf sie mit aller Kraft zu Boden und prügelte einfach drauf los. Ihr war in diesem Augenblick völlig egal, was passieren würde, wenn sie irgendein Lehrer entdecken würde, hier, mitten auf dem Schulhof. Sie konnte es schlichtweg nicht mehr ertragen, dass immer auf ihr und ihrem Bruder herumgehackt wurde. Juliana prügelte sich ihren ganzen Frust von der Seele. Wenn nicht Herr Roloff aufgetaucht wäre, hätte sie Karin vielleicht krankenhausreif geprügelt…
Doch der Lehrer konnte Schlimmeres verhindern. Er trennte die beiden Mädchen, die sich fest ineinander verbissen hatten und fragte:
„Sagt mal, seid ihr noch ganz dicht? Ihr könnt euch doch nicht prügeln wie zwei Boxer! Karin, wer hat angefangen? Juliana, doch nicht etwa du schon wieder?“
Beide Mädchen guckten schuldbewusst zu Boden und blieben eine Antwort schuldig. Herr Roloff nahm die Mädchen an der Schulter und brachte sie in Richtung Direktorat. Erst jetzt wurde Juliana bewusst, was jetzt alles auf dem Spiel stand. Wenn der Direktor sie nun von der Schule warf?
Der Direktor rief zuerst Karin zu sich, während Juliana bei Herrn Roloff blieb. Der Lehrer machte ein betroffenes Gesicht und forderte sie auf, zu erklären, wie es zu dem Streit gekommen sei. Doch Juliana wollte nicht reden. Wer würde ihr schon glauben, dass die Superschülerin Karin, die immer zu allen nett war, ihr immer wieder aufgelauert hatte, auf dem Schulweg, dem Schulhof und überall dort, wo Juliana sich anfangs noch sicher geglaubt hatte.
Juliana musste nicht lange warten, bis sie zum Direktor hereingerufen wurde. Der erklärte ihr ohne Umwege, dass sie sich ihre letzte Chance verspielt hätte. Ihre Mutter sei schon unterwegs, um sie abzuholen. Die Papiere seien schon fertig, sie könne sie gleich mitnehmen. Er hatte sie ja schließlich gewarnt, aber sie hatte ja nicht auf ihn hören wollen.
Juliana versuchte noch nicht einmal, ihre Lage zu erklären. Sie wollte nur noch eines, weg von ihm. Weg von Karin. Der Schule. Einfach weg. Am liebsten zu ihrem Papa nach Hamburg. Er würde schon eine Schule finden, wo sie sich wohl fühlen würde. Er kannte sie schließlich viel besser als ihre Mutter.
Ihre Mutter saß schon draußen und unterhielt sich mit Herrn Roloff über Julianas Fehlverhalten. „Ich kann mir das nicht erklären. Seit der Scheidung gleitet sie mir mehr und mehr aus der Hand. Sie ist regelrecht aggressiv in der Schule und ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann.“
„Ich glaube nicht, dass die Angelegenheit heute nur Julianas Schuld war. Mir ist zu Ohren gekommen, dass Karin für ihre Sticheleien bekannt ist. Aber leider kann ich ihr nichts nachweisen. Deshalb müssen wir wohl den Urteilsspruch des Direktors abwarten“, versuchte Herr Roloff die aufgelöste Mutter zu beruhigen. Aber vergebens, denn als Juliana aus der Tür des Direktorats trat, saß ihre Mutter immer noch völlig außer sich da.
Der Direktor verkündete sein Urteil: „Es tut mir Leid, Frau Zimmermann. Aber die Karriere ihrer Tochter an dieser Schule ist beendet. Wir können es nicht länger verantworten, ein prügelndes Mädchen bei uns auszubilden. Bitte nehmen sie dies zu Kenntnis und vergessen sie Julianas Akte nicht. Sie liegt im Sekretariat bereit. Auf Wiedersehen.“ Die Tür schloss sich hinter ihm.
Mutter und Tochter sahen sich lange aus verweinten Augen an, ohne Worte. Schließlich seufzte ihre Mutter und fragte Herrn Roloff, was sie denn jetzt tun könnte.
„Nun, am besten wäre es wohl, wenn sie versuchen würden, Juliana irgendwo in einer anderen Schule unterzubringen. Vielleicht eine, die nicht in unserer Nähe liegt. Wo sie noch einmal ganz neu anfangen kann.“
Juliana schaute ihn mit leuchtenden Augen an. Konnte er Gedanken lesen? Woher wusste er, dass sie hier weg wollte. Er schien auch zu wissen, dass die Prügelei nicht nur ihre Schuld war. Woher?
„Weit weg von hier?“, fragte Frau Zimmermann. „Wie stellen Sie sich das vor? Ich kann mir kein Internat leisten und schon gar keines für schwer erziehbare Kinder!“
„Sie ist nicht schwer erziehbar, da bin ich mir sicher. Aber eine Patentlösung habe ich in diesem Fall auch nicht!“, gab Herr Roloff unumwoben nach kurzer Bedenkzeit zu.
Juliana sah ihre Gelegenheit kommen. „Und wenn ich, Mama, mal den Papa frage? Vielleicht kennt er eine gute Schule in Hamburg. Vielleicht kann ich bei ihm wohnen.“
Frau Zimmermann sah ihre Tochter erstaunt an. Sie wusste schon seit längerem, dass sich Juliana nach ihrem Vater sehnte, der vor einem Jahr von zu Hause ausgezogen war, aber bis jetzt hatte Juliana es nie offen zugegeben. „Und was wird aus deinem Bruder?“
Juliana war klar, dass diese Frage hatte kommen müssen. Sie dachte daran, dass auch ihr Bruder und die Tatsache, dass er behindert war, nicht unbedingt zu ihrer Beliebtheit beitrugen und schüttelte den Kopf: „Kann mich Max nicht in den Ferien besuchen?“
„Scheint, als hättest du einen Plan“, grinste Herr Roloff und schaute Frau Zimmermann erwartungsvoll an.
Diese wusste nicht genau, was sie sagen sollte. Sie blickte stumm von Juliana zu ihrem Lehrer und dachte: Einen Versuch ist es ja vielleicht wert. Vielleicht geht es ihr ja wirklich besser bei ihrem Vater. Aber diese Gedanken würde sie vorerst für sich behalten. Schließlich brauchte sie ihre Tochter ja auch um sich. Aber als letzter Ausweg wäre es vielleicht wirklich keine schlechte Idee.




coop Offline



Beiträge: 372

15.09.2006 19:32
#2 RE: Harte Zeiten Antworten

schrecklich....also nicht schrecklich geschrieben..sondern das thema...daläufts einem doch gleich eiskalt den rücken runter...haste echt gut getroffen....

Mone Offline



Beiträge: 239

15.09.2006 20:37
#3 RE: Harte Zeiten Antworten

Bin schon erschrocken... Aber dankeschön. War schon etwas schwieriger das Thema, aber es muss halt ja auch härtere Stories geben. Weiß auch nicht, warum mich gerade das Thema so fasziniert hat, aber der Gedanke mal eine Geschichte über dieses Thema zu schreiben ließ mich einfach nicht mehr los, als ich die Ausschreibung gesehen habe.

coop Offline



Beiträge: 372

15.09.2006 21:38
#4 RE: Harte Zeiten Antworten

sorry, wollte dich nicht schocken *g* ja das thema is halt meistens tabu...da muss man schon nen ordentlichen einstieg finden, und ich denke der is dir gelungen..auch wenn du es vllt noch n bisschen mehr hättest ausarbeiten können..aber ich will nicht kritisieren und analysieren..sorry.

Mone Offline



Beiträge: 239

15.09.2006 21:58
#5 RE: Harte Zeiten Antworten

Bin immer für Vorschläge offen! An welchen Stellen denn?! Mach mal nen Vorschlag, vielleicht lass ich mich ja zu einer Überarbeitung überreden...

coop Offline



Beiträge: 372

16.09.2006 16:58
#6 RE: Harte Zeiten Antworten
*g* zum beispiel wie der lehrer dahinter kommt, dass juliane nicht an allem schuld is..sondern karin angefangen hat..oder auch das ende..ich hätte es vllt noch n bisschen dramatischer gemacht...und das ende is ein bisschen zu schnell...aber ich wollte ja nicht kritisieren

Mone Offline



Beiträge: 239

17.09.2006 21:24
#7 RE: Harte Zeiten Antworten

das mit dem ende ist mir auch aufgefallen, aber irgendwie wollte es mir nicht gelingen. das ist übrigens schon die zweite Fassung. in der ersten gab es gar kein gutes Ende...

coop Offline



Beiträge: 372

25.11.2006 14:39
#8 RE: Harte Zeiten Antworten

oh....mmmh...müsste man (wenn du möchtest) mit n bisschen abstand noch mal drüber lesen und vllt findet sich dann DAS ende *g*

Mone Offline



Beiträge: 239

27.11.2006 14:24
#9 RE: Harte Zeiten Antworten

gute idee. hab ja hier jetzt genug muße...

coop Offline



Beiträge: 372

27.11.2006 16:30
#10 RE: Harte Zeiten Antworten

aber bitte nicht auf französisch schreiben *g* ;-) das versteht ja dann keiner..hehe

Mone Offline



Beiträge: 239

28.11.2006 11:17
#11 RE: Harte Zeiten Antworten

pourquoi pas?! nein, keine angst, mach ich schon nicht...

coop Offline



Beiträge: 372

28.11.2006 15:31
#12 RE: Harte Zeiten Antworten

hehe *g* naja lesen könnte ichs wohl grad so noch...

Mone Offline



Beiträge: 239

28.11.2006 16:01
#13 RE: Harte Zeiten Antworten

und mit nem wörterbuch ist es gar nicht mal so schwer...

coop Offline



Beiträge: 372

28.11.2006 18:03
#14 RE: Harte Zeiten Antworten

loooool *g* ich kanns noch grad so lesen...

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