ich hab leider noch keinen titel..der jetztige ist ein arbeitstitel...
Gegenwartsbewältigung
Ich würde mich nicht als verrückt bezeichnen oder als einen aggressiven Menschen. Ich mag Menschen, ich kann auch gut mit ihnen umgehen, aber ab und zu trifft man jemanden, mit dem man eben einfach nicht umgehen kann. Man kann ihn sprichwörtlich nicht riechen. Nicht unbedingt weil er stinkt, sondern weil der Eigengeruch so intensiv ist, dass man nur noch lächeln kann, was hilft den Brechreiz zu unterdrücken. Es passiert nicht häufig, zumindest ist es mir noch nicht häufig passiert, aber wenn es passiert, dann richtig. Dieser gewisse Mensch kann dann auch noch so nett sein, man kann ihn eben nicht riechen und die Einstellungen seiner Nase kann man nunmal nicht ändern.
Aber in meinem Fall ist es ein wenig anders. Dieser Mensch ist, mal vom intesiven brechreizeregenden Eigengeruch abgesehen, nicht nett und schon gar nicht umgänglich. Er ist ein Schwein, wie man im Volksmund so gerne schimpft, auch wenn diesen Tieren Sauberkeit nachgesagt wird. In diesem speziellen Fall repräsentiert er das Schwein welches sich gerade im tiefsten Dreck suhlt. Man kann es sich ruhig bildlich vorstellen. Dieser Mensch ist faul, putzt nicht, sich selbst dagegen dauernd und hinterlässt überall wo er sich länger als fünf Minuten aufhält einen Saustall. Vielleicht tut er das nur damit sich das Schwein in ihm zu hause fühlt, allerdings fühlt sich dann der reinlichkeitsuchende Mensch in mir alles andere als wohl.
Freitagabend. Kurz vor acht. Er verlässt das Haus um zur Arbeit zu gehen. Er ist ein vielbeschäftigter Barkeeper, der dreimal die Woche arbeiten muss, da kann, nein da muss man schon verstehen, dass er sich nicht an den aufgehangenen Putzplan halten kann. Er verlässt also die Wohnung. An der Tür hängt innen ein Schild auf dem steht: Please close the fucking door silently! Use fucking keys! (man muss dazu sagen, dass die Haustür von außen keine Klinke hat die es einem erleichtert die Tür ohne einen Knall zu schließen, deswegen dieses höchstfreundliche Schild, welches ein anderer Mitbwohner aufgehangen hat). Entweder kann er nicht lesen oder er kann kein Englisch. Natürlich ist beides am Wahrscheinlichsten. Und natürlich macht er die Tür nicht leise zu. Woher soll er auch wissen dass er das tun soll? Er trägt sein Fahrrad die Treppen hinunter, vielleicht fährt er auch Aufzug. Unten angekommen schwingt er seine ziemlich pummelige Gestalt mit seinem noch pummeligerem Hintern auf den Sattel und fährt los. Auf dem Fahrradweg, quer über die Schienen. Ganz auf seinen schwierigen Job konzentriert, sieht er zu spät dass die Ampel rot ist. Er kann nicht mehr vor und nicht zurück. Seine Reifen sind in den Schienen der Straßenbahn stecken geblieben. Und genau in dem Moment rollt eine große stählerene Lock heran. Seine Angst und Panik lähmen ihn. Er steigt nicht vom Rad. Er verkennt die Gefahr. Der Fahrer der S-Bahn versucht zu bremsen, doch zu spät. Sie erwischt ihn frontal und begräbt ihn mitsamt dem Fahrrad vom Schwarzmarkt unter sich. Einige Meter später kommt die Bahn zum Stehen, sie hat Teile seines zerfledderten Körpers mit sich gezogen. Von ihm selbst ist nicht mehr viel übrig als ein Haufen Blut, Knochen und herausquellende Innereien, die sich hilfesuchend um die Räder des Zuges geschlungen haben. Sein Kopf rollt, abgetrennt vom restlichen Körper auf die Straße. Ein Auto kommt knapp davor zum Stehen.
Ein Husten. Ein tiefes luftsuchendes Husten. Er fängt sich wieder. Beinahe so wie Gott ihn schuf, läuft er durch die Wohnung. Was bei Tarzan der Lendenschurz war, ist bei ihm seine ausgewaschene grüne löchrige Boxershort. Er in die Küche um sich was zu essen zu machen. Das BigMac Maxi Menue ist schon zwanzig Minuten her und ihn verlangt es nach kulinarischen Genüssen. Er holt den Sandwichkäse und den Kochschinken aus dem Kühlschrank, der in keinem öffentlichen Restaurant stehen dürfte, weil es sofort von der Gesundheitsbehörde geschlossen würde. Zufrieden mit sich und dem Saustall um ihn herum, schmiert er sich sein Brot auf der ebenfalls gesundheitsgefährdenden Arbeitsplatte. Eine wahre Bakterienzucht. Er zieht die Nase hoch, kratzt sich an den Eiern und legt das Brot in den Sandwichtoaster. Wieder ein Husten und auch dieses Mal fängt er sich wieder. Er läuft auf den an die Küche angrenzenden Balkon, um nach seiner nicht vorhandenen Wäsche zu gucken oder um in mein Zimmer zu spannen. Wie gehen hier vom Letzteren aus. Er glotzt ein paar Minuten, kratzt sich wieder an den Eiern und geht dann zurück zu seinem Essen. Er holt das Sandwich heraus und beißt hinein. Ein Husten. Ein Würgen. Das Husten wird stärker. Er schüttelt sich und spuckt den ersten, zu gierigen Bissen aus seinem Mund. Doch der Hustenreiz hört nicht auf. Die Gier, mit der er sein Brot verschlingen wollte, schlägt ihm jetzt ein Schnippchen. Genauso wie seine körperliche Offenheit, die eine Erkältung geradezu provoziert hat. Verzweifelt greift er sich an den Hals und ringt nach Luft. Er versucht zu rufen, aber kein menschlicher Laut dröhnt aus seiner Kehle. Niemand hört ihn. Er hustet weiter, versucht die trockenen, hängengebliebenen Krümel aus seiner Speißeröhre zu entfernen, aber es missglückt. Sein Kopf wird babyblau, aber auch diese Farbe steht ihm nicht. Seine Augen weiten sich angesichts der Gewissheit des nahenden Todes. Eine wurstfingrige Hand greift nach der Wand, um sich abzustützen aber nichts kann seinen Fall jetzt noch aufhalten. Er würgt vor sich hin, sieht wahrscheinlich auch sein Schweineleben an sich vorbei ziehen. Er stirbt im Fall. Den Aufprall auf die kalten, vor Dreck stehenden Fließen merkt er schon nicht mehr.
Das Schwein macht sich auf den Weg ins Badezimmer. Bepackt mit Handtuch, Glastablett und Laptop lässt es sich ein Bad ein. Es kippt etwas Badeöl hinein, legt das Glastablett quer über die Wanne, schaltet den Laptop ein. Was jetzt genau passiert kann und will ich auch gar nicht sagen, denn ich tippe darauf dass es männlichen Verlangen nachgeht und sich ein, zwei pornographische Filme gönnt. Es blockiert studenlang das Bad, lacht vor sich hin zu seinen Pornofilmchen und macht auch sonst komische Geräusche, die man nicht näher definieren möchte. Da! Eine unsachte Handbewegung! Die Glasplatte rutscht ab, hinein ins Wasser. Sie zerspringt in tausend kleine Splitter die ihm die Waden aufschneiden. Das bläuliche Badewasser färbt sich rot. Blutrot. Der Laptop rutscht hinterher. Der Stromschlag haut es um. Falls es jetzt noch nicht das Zeitliche gesegnet hat, dann prallt es, aufgrund des Stromschlags, so hart mit dem Kopf auf dem Badewannenrand auf, dass seine Schädeldrecke bricht, die Knochensplitter sich in seine Hirnmasse (an dieser Stelle setzen wir vorraus, dass es welche hat). Die am Rand säuberlich aufgereiten Duschgelflaschen und Shampoos, bekommen rote Spritzer ab. Wenn es jetzt, aus unerklärlichen Gründen immer noch unter den Lebenden sein sollte, sinkt sein bewusstloser, blutender, mit Glassplittern gespickter Körper ins Wasser hinab. Durch Nase und stehts offenem Mund dringt ein Blut- Wasser -Gemisch in seine Lungen. Sie füllen sich binnen kürzester Zeit, er bäumt sich ein letztes Mal auf um dem Tod doch noch zu entrinnen und übergibt sich. Die Wanne ist schon gefüllt mit der Hälfte seines Blutes.. Aus dem Aufbäumen wird ein Zucken und nach wenigen Sekunden treibt er wie das Fett in der Bouillon an der Oberfläche mit dem Kopf im Erbrochenem.
Ich wache auf. Es ist mitten in der Nacht. Ein Geräusch muss mich geweckt haben. Es war es! Das Schwein kam von der Arbeit nach Hause. Es ist Montag Nacht oder besser gesagt Montag Morgen. Die Uhr schlägt fünf. Ich höre wie es in die Küche geht. Die Tür knallt. Das Licht surrt bevor es sich anschaltet und er holt erneut seinen Sandwichkäse und seinen Kochschinken aus dem Kühlschrank. Ich liege in meinem Bett und höre jedes kleine Geräusch. Mein Herz pocht. Nicht vor Angst, sondern vor Aufregung. Ich weiß, heute ist die Nacht. Dieses Mal verkneift es sich auf den Balkon zu gehen. Es wartet. Hungrig. Gierig. Jetzt ist ein günstiger Augenblick. Es ist so auf sein Essen fixiert, dass es nicht mehr mitbekommt was um ihn herum geschieht. Ich stehe auf und schleiche mich aus meinem Zimmer. Leise. Ich muss warten, auf es und auf einen günstigen Moment. Sein Zimmer, sein Saustall ist bis zur Decke gefüllt mit seinem Geruch. Ich lächle. Kein Ton darf mich verraten. Heute ist die Nacht auf die ich schon so lange gewartet hab. Ich höre wie es einen Teller aus dem Schrank nimmt und ihn auf die Arbeitsplatte stellt. Das Klirren hallt durch die Wohnung. Sein Essen ist fertig. Seine Gier kann es kaum noch zügeln, aber es beherrscht sich. Es schaltet das Licht in der Küche aus. Seine Hand patscht gegen die Küchenfließen als es den Schalter drückt. Es tappt durch den Flur, Richtung Saustall. Meine Anspannung steigt. Gleich ist es soweit. Gleich bin ich am Ziel. Es betritt den Raum. Es ist zu betrunken um mich direkt zu bemerken. Ich sage nichts. Nach einer Reaktionszeit von zwanzig Sekunden lässt es den Teller mit dem ihm so wertvollen Essen fallen. Es schreit nicht. Es hat sich nur Erschrocken. Es hat keine Angst. Ich greife nach dem mir am nächsten gelegenen Ding. In der Hand halte ich seine Dreckwäsche. Seine grüne ausgewaschene, löchrige Boxershort. Ich mache ein paar Schritte auf es zu. Der Alkoholpegel in seinem Blut kommt mir zu Gute. Es ist nicht groß. Es ist einfach meine Hände um seinen Hals zu legen mitsamt der Shorts. Ich ziehe die überkreuzten Enden zusammen. Erst leicht, dann immer fester. Seine Arme sind unkontrollierte Gliedmaßen, die nicht wissen was sie tun sollen. Es wehrt sich nicht. Es kann es nicht. Mein Adrinaline setzt ungeahnte Kräfte in mir frei. Das Rauschen in meinen Ohren versetzt mich in ungeahnte Höhen. Jetzt erst merkt es was geschieht. Es greift nach seinem Hals um dem Druck entgegen zu wirken aber ich bin zu stark. Es röchelt. Es kann nicht mehr richtig atmen. Ich versträrke meinen Zug. Es verdreht die Augen. Ein letzes Röcheln und ich merke wie der Körper erschlafft und gen Boden sinkt. Ich gebe dem Gewicht nach bevor es sich mit sich nach unten ziehen kann. Ich hab es geschafft. Ekel über kommt mich. Nicht der Ekel vor der grausamen Tat sondern Ekel, das dieses Schwein immer noch ausstrahlt, selbst im Tode. Angewidert verlasse ich das Zimmer. Seine Boxershort schmieg sich an seinen leblosen Hals. Sie möchte sich auch nach dem Leben nicht von ihm trennen.