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Dieses Thema hat 6 Antworten
und wurde 432 mal aufgerufen
 In German
Mone Offline



Beiträge: 239

30.03.2006 21:10
Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer? Antworten

Kleine Anmerkung vorneweg. Ich hatte in letzter Zeit so meine Problemchen mit dem Schreiben. Mir fiel einfach nichts ein. Tja, und dann bin ich beim Blättern in einem Buch über Spitzwegs Bild Der arme Poet gestolpert. Und das ist dabei rausgekommen.

Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer?
Da saß er wieder. Auf seinem Bett. Stift gespitzt, Papier in der Hand. Und doch konnte er keinen klaren Gedanken fassen. Er war nicht in der Lage, einen einzigen vernünftigen Satz zu Papier zu bringen. Warum nur ist schreiben so schwer? fragte er sich.
Gerade in diesem Moment fiel sein Blick auf den Haufen ungewaschener Wäsche, der sich auf der anderen Seite des Zimmers stapelte und dann tropfte es erneut auf den Regenschirm, den er über seinem Bett aufgespannt hatte. Gott sei Dank hatte er die Bettmütze seines Großvaters auf dem Dachboden gefunden. Bei der Eiseskälte, die in diesem Zimmer herrschte... Und dann tropfte es seit kurzer Zeit auch noch durchs Dach. Kein Wunder, es regnete ja auch schon seit Wochen ununterbrochen.
Er rückte seine Brille zurecht und seufzte, legte die Stirn in Denkerfalten und dachte angestrengt nach. "Frühling", hatte sein Verleger gesagt, "schreiben Sie doch mal was zum Frühling. Selbst Ihrem Großvater ist schließlich damals etwas zum Thema Frühling eingefallen." Ja, dachte er mit einem traurigen Grinsen, damals war ja auch das Dach noch dicht und die Heizung intakt!
Wieder starrte er angestrengt auf das weiße Stück gepresste Holzfasern, das vor ihm lag. Das kann doch nicht so schwer sein! Frühling, Mensch, DAS Thema! Dazu muss einem Poeten in der dritten Generation doch etwas einfallen! Da, wieder ein Tropfen! Bald würde der Regen auf seinem Kopf Klavier spielen.
Mit einem Ruck setzte er sich auf, so konnte das ja nicht ewig weitergehen. Er stand auf und ging zum Schrank, um sich etwas anzuziehen, das nicht aussah wie ein Nachthemd, das er geerbt hatte. Gähnende Leere starrte ihm entgegen. Nicht sonderlich überraschend angesichts des Wäscheberges in der Zimmerecke, der, wenn er es recht bedachte, mittlerweile zumindest die Höhe des Matterhorn erreicht hatte. Seine Putz- und Bügelfrau hatte letzte Woche gekündigt, weil er sich so etwas nicht mehr leisten konnte. Naja, dachte er resigniert, dann bleibe ich halt doch zu Hause, und trottete langsam zurück zum Bett, wo ihn das weiße Papier, auf das er in Großbuchstaben FRÜHLING geschrieben hatte, immer noch angähnte. Er schnaubte. Was wusste dieser Verlagsfuzzi denn? Er hatte ja noch nie seine Wohnung gesehen. Frühlingsgefühle in dieser Bude? Lächerlich! Herbstdepression vielleicht! Aber halt - Moment! Eigentlich keine so schlechte Idee. Schließlich faselt ja im Frühling jeder Dichter von Liebe. Er könnte ja auch mal was Anderes daraus machen. Etwas Depressiveres. Was seiner Stimmung und Wohnsituation entsprach.
Er nahm das Blatt vom Bett und setzte sich damit an den Schreibtisch, der, vollgepackt mit wichtigen Büchern, direkt vor dem leicht beschlagenen Fenster stand. (Vielleicht war es auch einfach nur dreckig.) FRÜHLING las er nochmals laut. Und dann ging es los. Unentwegt huschte sein Stift über das Papier und er schrieb und schrieb. Er sah eher aus, als wäre er vom wilden Affen gebissen statt von der Muse geküsst worden. Aber es funktionierte, zum ersten Mal, seit Wochen.
Es wurde langsam dunkel, als er immer langsamer schrieb und schließlich ganz aufhörte. Zufrieden mit sich selbst las er sein Gedicht erneut durch und klopfte sich mental auf die Schulter. Das war gut. Richtig gut. So etwas fühlte man als Dichter. Er schaltete das Licht an, sah sich im Zimmer um und seine Schreibwut wandelte sich in Putzwut. Er machte sein Bett, klappte den Regenschirm zu (es hatte aufgehört zu regnen, was er im Eifer des Gefechts gar nicht wahrgenommen hatte), fegte seine Wohnung und wischte überall Staub, warf sich die Klamotten vom Vortag über und machte sich auf zur Wäscherei an der Ecke.
Auf dem Rückweg ging er einkaufen und rief von einer Telefonzelle aus seinen Verleger an (seinen Telefonanschluss hatte man ihm gekappt - er hatte seine Rechnungen nur sporadisch bezahlt). Der Verleger lud ihn gleich für den nächsten Tag ein, damit er das so hoch gepriesene Gedicht endlich mit eigenen Augen sehen konnte. Zu Hause angekommen legte sich der arme Poet nach einem oppulenten Mahl, das er sich gegönnt hatte, im Nachtgewand seines Großvaters, wieder versöhnt mit der Welt, ins Bett.
Pünktlichst, um 10 Uhr am nächsten Morgen, stand er mit besagtem Gedicht im Büro seines Verlegers und drückte es mit freudestrahlender Miene seinem Arbeit- und Brötchengeber in die Hand. Dieser begann zu lesen. Zuerst erwartungsvoll, dann verwirrt und schließlich mit einem Gesicht, das einem einzigen Fragezeichen glich. "Ist das Ihr Ernst??? Das wollen Sie mir andrehen? Wer soll denn so etwas lesen? Das ist... das ist... ja... ein... ANTI-Gedicht." Stolz nickte der Poet und antwortete: "So soll es auch sein!" Ungläubigkeit sprach aus den Augen des Verlegers. Er schluckte mehrmals, räusperte sich und sagte dann leise und fast bedrohlich: "Raus hier! Und wagen Sie es ja nicht, ohne eine schönes, klassisches Frühlingsgedicht mit Liebe, Schmalz und Gefühl wiederzukommen!"
Genau in diesem Moment öffnete sich die Tür und die Sekretärin meldete den nächsten Termin. Diesen Moment nutzte der arme Poet und schlüpfte zur Tür hinaus.
Zu Hause angekommen setzte er sich auf das mal wieder ungemachte und noch dazu nasse Bett (er hatte vergessen, den Regenschirm wieder aufzuspannen, als es wieder anfing zu regnen) und dachte nach. Wieder kein Geld! Vielleicht sollte er es machen wie sein Großvater, der erste arme Poet, der weniger durch seine Werke berühmt geworden war, als vielmehr dadurch, dass er Spitzweg in dieser Dachwohnung, die er an seinen Enkel vererbt hatte, für eines seiner Gemälde Modell gesessen hatte. Wo wohnte dieser Spitzweg nochmal? Ach, nein, der war ja schon tot. Dann also doch schreiben. Blieb nur eine Frage: Warum nur ist schreiben so schwer?

SugarAnnie Offline



Beiträge: 396

30.03.2006 22:10
#2 RE: Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer? Antworten

This is the best story about writer's block since the "Unwritten" lyrics. No, really. I like it.
And don't we all know thew feeling

Mone Offline



Beiträge: 239

02.04.2006 22:11
#3 RE: Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer? Antworten

thanx. i was just thinking that i had nothing to write about, and then i decided to make a story about it. strange, isn't it...?

coop Offline



Beiträge: 372

07.04.2006 12:08
#4 RE: Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer? Antworten

oh der arme!!!! aber jetzt hätt ich doch gerne mal das anti-gedicht auch gelesen!!! kam er denn noch auf ein schönes? ich mein jetzt wo die wohnung sauber und aufgeräumt war? mmmh...aber doch sehr schön..und eigentlich muss ich ihm ja recht geben..antigedichte sind VIEL besser als so schnulzifer kram (wobei der auch toll sein kann...*g*) lg

Mone Offline



Beiträge: 239

09.04.2006 20:05
#5 RE: Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer? Antworten

ganz ehrlich?! ich habe selbst keine ahnung, wie das antigedicht aussieht... man müsste vielleicht den verleger fragen, aber ich habe leider keine telefonnummer von ihm... aber der verleger hat ja sowieso keine ahnung, sonst wüsste er, dass es auf dieser welt schon zu viele schnulzige frühlingsgedichte gibt und dass die welt nur auf ein antigedicht wartet. aber so ist das leben, schreiben ist und bleibt halt doch irgendwo brotlose kunst...

Pepper ( Gast )
Beiträge:

19.04.2006 18:43
#6 RE: Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer? Antworten

Hallo!
War hier länger abstinent, war nämlich in urlaub - allerdings habe ich dort ne Woche im regen gesessen - und trotzdem keine anderthalb Seiten geschrieben (<-- auch Schreibblockade).
Aber ich mag den armen Poeten furchtbar gern, er ist sehr lustig und ich mag besonders die "Alltagshindernisse" wie abgestelltes Telefon und unbezahlte Rechnungen...
Hab stellenweise ziemlich grinsen müssen. Aber mit einem Antifrühlingsgedicht hatte er/hattest du recht, es gibt schon so viele Schnulzen - obwohl gibt eseigentlich was besonders negatives über Frühling?
Grüße, Tamara

Mone Offline



Beiträge: 239

21.04.2006 22:58
#7 RE: Der arme Poet oder Warum nur ist schreiben so schwer? Antworten

Das wäre wohl ne Suche im Internet echt mal wert! Ich glaub, wenn ich nachher noch Lust habe, versuch ich mal mein Glück...

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